Page 19 - VBE Chronik
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ÜBER GENOSSENSCHAFTEN UND VORSCHUSSVEREINE
Mitglieder zahlen in eine gemeinsame Kasse, und wer Geld für dringende Anschaf- fungen oder Investitionen benötigt, erhält ein Darlehen zu moderaten Zins- und Verwaltungskosten: So lautet, kurz gesagt, das Prinzip der Genossenschaften – so war es früher, so ist es bis heute.
Als Vorläufer der Volksbanken gelten die Vorschussvereine, deren Töpfe in ihren Anfängen Mitte des 19. Jahrhunderts zunächst auch durch wohltätige Bürger be- füllt wurden, bevor sie sich zu reinen Mitgliedervereinen wandelten. Den zweiten Grundstein legten die landwirtschaftlichen Hilfsvereine, aus denen sich die Waren- genossenschaften entwickelten. Ihnen gemein waren moderne, liberale Organisa- tionsprinzipien; die hauptsächlichen Tätigkeitsgebiete umfassten den Bezug von Produktionsmitteln sowie Kredit und Absatz, oft auch ergänzt durch Verarbei- tungsorganisation wie beispielsweise Molkerei- oder Winzergenossenschaften. Gab es im Jahr 1893, dem Gründungsjahr unserer Bank, erst 1.050 landwirtschaftliche Genossenschaften im damaligen Kaiserreich, so waren es 1914 schon 28.318.
MASCHINEN UND KUNSTDÜNGER HALTEN EINZUG
Den Ausschlag dafür, dass Menschen sich zu solchen Solidargemeinschaften zu- sammenschlossen, gaben unter anderem Missernten und nicht mehr zeitgemäSe Arbeitstechniken. Zudem war die alte Naturalwirtschaft ab Beginn des 19. Jahrhun- derts immer mehr der Geldwirtschaft gewichen, die die unerfahrenen Bauern in Zeiten völlig unbeschränkter Wirtschaftsfreiheit in die Arme gewissenloser Geldver- leiher und Wucherer trieb. Landwirte, Handwerker und kleine Gewerbetreibende konnten ihre Familien mehr schlecht als recht ernähren, die Not auf dem Land war vielerorts spürbar. Hinzu kamen nicht nur die rasante Industrialisierung samt der dadurch bedingten Abwanderung in die Städte oder gar die Auswanderung vieler
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