Page 41 - VBE Chronik
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WILHELM HAAS
Nicht unerwähnt bleiben darf an dieser Stelle der
dritte wesentliche Gestalter der deutschen Ge-
nossenschaftsbewegung vor allem im ländlichen
Raum, dessen Leben und Arbeit an dieser Stel-
le kurz umrissen werden soll. Der Wirkungskreis
von Wilhelm Haas, 1839 in Darmstadt geboren,
erstreckte sich zwar vor allem zunächst auf den
hessischen Raum, später jedoch erlangte der
Jurist auch internationale Bedeutung in seinem
Bestreben, die genossenschaftliche Idee zu ver-
breiten. Konsequent trat Haas wie Schulze-Delitzsch für eine liberale Wirtschaftsord- nung ein. Auf seinen beru ichen Stationen als Staatsbeamter lernte auch er früh die groSe Not der Landbevölkerung kennen und leistete in den Bauerndörfern aktive Überzeugungsarbeit für die Wirtschaftsform Genossenschaft. Zeitgenossen berich- teten, dass Haas „als junger Kreisassessor bei Dienstgeschäften die Gemeinderäte anfeuerte, sich zusammenzuschlieSen zum gemeinsamen Bezug ihrer Rohstoffe“.
1872 gründete Wilhelm Haas die „Landwirtschaftliche Bezugsgenossenschaft“ in Friedberg, initiierte 1879 den „Verband Hessischer Landwirtschaftlicher Kreditge- nossenschaften“ und organisierte vier Jahre später die „Vereinigung der deutschen Landwirtschaftlichen Genossenschaften“, an deren Spitze er auch als Präsident stand. 1907 übernahm er den Vorsitz des neu gegründeten „Internationalen Bun- des der Landwirtschaftlichen Genossenschaften“.
Auch als Politiker erlangte Haas groSen Ein uss und war seit 1881 Mitglied des Hessi- schen Landtages, von 1898 bis 1912 saS er in der Nationalliberalen Fraktion im Deut- schen Reichstag. Er wirkte u.a. an der Beratung des 1889 verabschiedeten Genos- senschaftsgesetz mit. Die besondere Lebensleistung liegt darin, dass er als liberaler Politiker die agrarischen Selbsthilfeorganisationen initiiert und sowohl auf nationaler wie auch internationaler Ebene vernetzt hat.
Wilhelm Haas
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